Meister der Leidenschaft
...konnten die eifrigen Kartenzeichner dieser erwartungsfrohen Pioniere schon bald neue Eilande auf ihrem musikalischen Globus verzeichnen. Zwar hielten deren liebreiche Küstenstriche den tektonischen Bewegungen jener Zeit nicht lange stand, doch als die Grazie im Aufruhr der tosenden Meere versank, konnten ihre Früchte lange genug auf den unruhigen Wassern treiben, um auf dem vulkanischem Gestein eines gigantischen, aus den Tiefen aufsteigenden sinfonischen Kontinentes erneut Wurzeln zu schlagen.
Im Hochbarock wurde die Wissenschaft der Musik von ihren Großmeistern zu kaum noch nachvollziehbaren Höhen getrieben. Ihre Nachfolger wandten sich von der „Verwissenschaftlichung“ der Musik ab, um dem Gefühlsausdruck neue Bahnen zu brechen. Die Formensuche der empfindsamen Pioniere führt uns auf zwei prominenten Wegen zu den Großmeistern der Wiener Klassik: Auf einen gelangen wir von Carl Phillip Emanuel Bach zu Joseph Haydn, auf dem anderen von Johann Christian Bach zu Wolfgang Amadeus Mozart. Sowohl Haydn als auch Mozart galt jeweils einer der Bachsöhne als Vorbild und beide haben in den empfindsamen Komponisten ihre Lehrmeister gesehen.
In dem Programm Meister der Leidenschaft stellen wir die experimentelle, aufgewühlte Musik der beiden Bach Söhne in den Kontrast zu der perfekten Ausgeglichenheit der Goldbergvariationen (mit noch größerem Schwergewicht: Die Kunst der Fuge) ihres Vaters, um die eruptive emotionale Kraft ihrer Musik über den Konzertverlauf hinweg erlebbar zu machen.
Der erste Teil ist Carl Phillip, der zweite Johann Christian Bach gewidmet. Am Ende des jeweiligen Konzertteils steht ein Satz aus einer Sinfonie ihrer jeweiligen „Meisterschüler“ Haydn und Mozart. Hier steht die Frage im Raum, ob die These der Altmeister „Musik als Wissenschaft“ und die Antithese ihrer Söhne „Musik als Gefühl“ in der klassischen Sinfonie zu einer Synthese gefunden haben.